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Einmal mehr die verdamte Schule!

Eine Veränderung unserer gegenwärtigen Wirtschaftsweise muss Hand in Hand gehen mit einer Veränderung unserer Bildungspolitik und des Verständnisses von 'Bildung', auf welchem diese   Bildungspolitik beruht. Beides, Wirtschaftssystem und Bildungswesen, sind so eng miteinander verbunden, dass Veränderungen im einen Bereich nur wirksam werden können, wenn wir gleichzeitig über Veränderungen im anderen Bereich  nachzudenken beginnen.

 

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Vielfalt statt Uniformität,

Freiwilligkeit statt Zwang und

individuelle Wahrheitssuche statt professionelle Wahrheitsvermittlung

sind ein paar Schlagworte, durch welche sich ein Bildungswesen und ein Verständnis von Bildung beschreiben lassen, die einer anderen Art des Wirtschaftens entsprechen.

Wir brauchen nicht immer mehr und immer bessere Schulen, immer mehr und immer bessere Bildungs- und Weiterbildungsangebote. Wir brauchen einen Lebensstil, der uns erlaubt, uns fortwährend weiter zu bilden und zu entwickeln, einen Lebensstil, in dem wir als Kinder, als Jugendliche und als Erwachsene reichliche Gelegenheiten haben, unseren eigenen Dingen nachzugehen und uns allein oder in Gruppen verschiedenster Art für die Dinge einzusetzen, die uns wichtig sind. Regionale politische und wirtschaftliche Strukturen, kleine Netze selbstverwalteter Betriebe und eine umfassende Abrüstung im Bereich materiller Produktion und künstlich hoch gehaltenen Konsums sind die Merkmale der Gesellschaft, in der ein solcher Lebensstil zu gedeihen vermag. In einer solchen Umgebung ändert sich natürlich auch das Wesen und die Rolle der Schule. „Bildung" auf Vorrat wird an Bedeutung verlieren, während Bildung und Entwicklung durch fortgesetztes Engagement an Bedeutung zunehmen wird. Dasselbe gilt für jede Art von zentral gesteuertem, durch spezialisierte „Lehrkräfte" auf ganz bestimmte Weise durchgeführten „Unterricht". Auch dieser wird weitgehend bedeutungslos im Vergleich zum konkreten Engagement in der und für die Gemeinschaft und im Vergleich zur aktiven Auseinandersetzung mit den Menschen und Dingen der eigenen Umgebung. „Schulen" bestehen allenfalls als spezielle Orte der Reflexion, als Orte der Musse oder als Orte gezielten Experimentierens. Dabei wird das Geschehen in diesen Schulen natürlich nicht von amtlichen Lehrplänen und von Dekreten irgend einer Zentralregierung, sondern von den individuellen Bedürfnissen und Fragen aller in der Schule zusammenkommenden  gesteuert. Schulzeugnisse und –abschlüsse verlieren ihre Schlüsselstellung im Leben der Menschen. An ihre Stelle treten persönliche Port-Folios, in denen Jugendliche und Erwachsene Dokumente verschiedenster Art sammeln, die ihre Fähigkeiten belegen. Dazu können neben Arbeitszeuggnissen und Referenzen ehemaliger oder jetziger KundInnen, auch Zertifikate oder Diplome gehören, die von einer Schule oder einem anderen Kursanbieter ausgestellt wurden. Die Zuteilung von Berufschancen und Jobs geschieht nicht mehr ausschliesslich durch die Schule mit ihren lediglich den Erfolg in der eigenen Institution spiegelnden Kriterien. Die Selektion wird vielmehr „durch den Markt" vorgenommen. Das Geschick und der Ruf eines Tischlers, einer Ärztin oder eines Gärtners wird darüber entscheiden, ob er KundInnen hat oder nicht. Wo und auf welche Weise die Ärztin oder der Gärtner ihre Fähigkeiten erworben haben ist letztlich belanglos. Denkbar ist eine Art Qualitätssicherungsfunktion, indem Handwerkskammern und andere Berufsverbände Minimalstandards für die Berufsausübung festlegen und entsprechende Prüfungen veranstalten. Wer einen Beruf ausüben möchte, kann versuchen, sich durch eine solche Instanz zertifizieren zu lassen. Er oder sie kann jedoch auch als nicht zertifizierte Ärztin oder als nicht zertifizierter Optiker arbeiten. Entscheidend sind letztlich die Bedürfnisse und die Zufriedenheit der KundInnen.

Bildung wird in dieser Welt wieder das, was sie ursprünglich war: Das Ergebnis - beinahe das ungewollte Nebenprodukt - eines reichen, bewusst und intensiv gelebten Lebens, keine Ansammlung fragwürdiger Bildungsgüter, die man sich aus Prestige- oder Karrieregründen angeeignet hat oder weil man nicht mehr weiss was man tun könnte, wenn man frei wäre zu tun was man tun will!

 

 

Copy 2020,  Martin Näf